Band 005: Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Band 005: Das Phantom auf dem Feuerstuhl
Art:
Verlag:
Erscheinungstermin:
Preise bei Erscheinen:
ISBN:
Gebundenes Buch · 160 Seiten · 12.2 x 18.8 cm
cbj AVANTI
09. November 2010
€ 7,99 [D] | € 8,30 [A] | CHF 14,50 (UVP)
978-3-570-17039-7
Verwandte TKKG-Produkte

70%

Insgesamt ist 1 Rezension des TKKG-Site.de - Teams verfügbar. Die Durchschnittsbewertung beträgt 70%.

Rezensionenübersicht

Klößchens erster Kuss

Eine Rezension von Hauke

Der Inhalt der Neuausgabe des fünften TKKG-Buches ist deckungleich mit der Erstausgabe: Tim wird das Opfer des von der Presse „Phantom auf dem Feuerstuhl“ genannten Verbrechers, der mit Steinen und anderen Fallen Autofahrer zu Unfällen zwingt. Mit seinen Freunden nimmt Tim die Ermittlungen auf, die so manches Mal in einer Sackgasse enden …

Ich habe zu diesem Buch fast zwei DIN-A4-Seiten mit signifikanten Änderungen notiert. Es wird einerseits viel weggelassen, aber auch viel Neues eingefügt. Der Ton ist rauer und die alten Höflichkeiten fehlen (Höflichkeitsbesuche haben nun andere Gründe und Besuchern werden keine Stühle mehr angeboten; Sie setzen sich einfach).

TKKG verwenden sehr häufig die Worte „cool“ und „Sorry“. Jeder für sich hat zusätzlich einen Standardspruch:
Tim sagt 15 Mal „Bingo!“, Karl drei Mal „Wenn ich mich recht erinnere …“, Klößchen sieben Mal „ganz easy“ und Gaby neun Mal „voll krass“. Gegen diese Sprüche habe ich nichts. Aber auf jeder fünften Seite wird so ein Standardspruch abgelassen und daher fängt es schnell an zu nerven. Weniger wäre besser.

Viele Dialoge verlieren ihren besonderen Reiz. Zum Beispiel Klößchens Schokokiste auf der Toilette oder Tarzan-Tims Begegnung mit einem Mann:

Erstausgabe:
„Gleich haue ich dir eine hinter die Ohren.“
„An Ihrer Stelle, mein Herr, täte ich das nicht. Ich haue nämlich zurück.“
Neuausgabe:
„Gleich fängst du dir eine.“
„Okay. Ich haue aber zurück.“

Rolf Kalmuczak hatte bei TKKG immer das gewisse Etwas. Die ganzen heftigen Dinge und die Schärfe in den Dialogen vermisse ich. Der Satz „Kommt rein, könnt Bier trinken“ fehlt beispielsweise und es wird versucht, den Charakter auf andere Weise unsympathisch zu machen. Dabei sind dreckige Gläser kein Ersatz.

Ich verstehe nicht, warum die Szenen einerseits entschärft werden (aus Buschmessern werden unbestimmte Messer, statt Alkohol wird Kaffee getrunken und TKKG trinken keine Mokka-Milch mehr) und auf der anderen Seite wird verschärft (Klößchen zeigt den Stinkefinger).

Nahezu alle Vorträge von Karl fehlen oder werden im Ansatz erstickt. Immerhin gibt es einen Ausgleich: Karl darf über Mobbing, Eis oder ein Motocross-Motorrad kurz und knapp etwas erzählen. In diesem Stil ist sein Wissen realistisch. Die Vorträge der Erstausgabe ließen wahrlich auf ein Computergedächtnis schließen; hier auf ein normales.

Es ist ungewöhnlich für Tim, wie sich seine Nervosität äußert: Er kriegt bei einem Telefongespräch mit einem Verdächtigen anfangs kein Wort raus. Bei Rolf Kalmuczak war Tim nur unsicher, wenn es um Gaby ging. Für mich hat die Szene gerettet, wie der Verdächtige auf Tims Aussagen reagiert: sehr sarkastisch. Das macht richtig Spaß und ist zusammen mit einer Waldszene die lustigste im Buch. Andere Szenen, die in der Erstausgabe lustig sind, locken hier kein Schmunzeln hervor.

Klößchen war zwar in der Originalserie nicht der Nervenstärkste, doch hier ist es viel intensiver. Bei Maikäferspeisen muss er sich übergeben und Geräusche im dunklen Wald machen ihm ebenfalls zu schaffen. Letzteres äußert sich allerdings sehr lustig. Eine nette Neuerung ist Klößchens Schwärmerei für ein Mädchen, welches ihn geküsst hat.

Es gibt neben den vielen Änderungen, die meiner Meinung nach die Qualität des Buches nicht steigern, auch einige die es tun. TKKG sprechen viel mehr miteinander und diese Gespräche werden nicht mehr von Tarzan-Tim dominiert.
Vieles im Fall wird auch runder, da auf vorherige Bemerkungen eingegangen wird. Zum Beispiel erinnert sich Tim anfangs nicht, woher er eine seltene Biermarke kennt, bzw. wo er diese gesehen hat. Zum Schluss sieht er sie wieder und der Erzähler weist auf diesen Umstand hin. In der Erstausgabe von Rolf Kalmuczak alias Stefan Wolf ist dies nicht der Fall. Da wird die Bierflasche des Phantoms am Ende nicht einmal erwähnt. Selbst wenn der Leser sich dies zuvor denken konnte, wird der finale Beweis nie angetreten, was in Anbetracht der Vorbereitung schade ist. Weitere Beispiele sind Verabredungen, die getroffen werden und das Aufsuchen einiger Personen mit besonderen Absichten, die über einen Höflichkeitsbesuch hinausgehen. Dadurch sind einige Besuche der heutigen Jugend plausibler.

Sehr schön finde ich die neue Buchaufmachung. SMS-Nachrichten werden in einer anderen Schriftart gedruckt und mit Smileys versehen. Zeitungsinserate sind als Abbildung vorhanden. Das lockert den Lesefluss.

Gerhard Schröders Illustrationen sind ganz nett. Völlig daneben gegriffen hat er jedoch bei der Darstellung von Schröters Figuren. Die sehen nicht schrecklich und unheimlich aus, sondern einfach nur lustig, geradezu verspielt. Ebenfalls falsch ist das Taxischild auf dem Autodach eines Polizisten. Das wird nirgends erwähnt. Das Covermotiv hat übrigens keinen Bezug zum Buch.

Fazit
Auch diese Neuausgabe hat ihre lichten und schattigen Seiten. Einmal mit dem neuen Stil angefreundet, liest sich das Buch sehr gut. Leider enthält es in der ersten Auflage acht Fehler, die sich teilweise durch das Abändern des Originaltextes ergeben: Vorhergehende Sätze bleiben gleich und spätere werden geändert, wodurch Widersprüche entstehen. Im Gegensatz zum nächsten Band hat Karl noch seine Vortragsfunktion (wenn auch eingeschränkt) und die Ermittlungsarbeit von TKKG läuft sehr flüssig. Wären die Fehler nicht und würden TKKG nicht jedes Mal, wenn es nur irgend möglich ist, einen ihrer Standardsprüche abliefern, hätte dies ein richtig gutes Buch werden können.

Da die Fehler in den nächsten Auflagen sicherlich verschwinden werden, habe ich mit entschlossen, diese weniger stark in die Gewichtung einfließen zu lassen und somit 70% zu vergeben.

Score
70%
Verfasst am: 16.12.2010