Band 006: Angst in der 9a

Band 006: Angst in der 9a
Art:
Verlag:
Erscheinungstermin:
Preise bei Erscheinen:
ISBN:
Gebundenes Buch · 160 Seiten · 12.2 x 18.8 cm
cbj AVANTI
09. November 2010
€ 7,99 [D] | € 8,30 [A] | CHF 14,50 (UVP)
978-3-570-17040-3
Verwandte TKKG-Produkte
Original-Ausgabe:
Zum Hörspiel:
TV-Serie:

70%

Insgesamt ist 1 Rezension des TKKG-Site.de - Teams verfügbar. Die Durchschnittsbewertung beträgt 70%.

Rezensionenübersicht

Lady Gagas Auftritt

Eine Rezension von Hauke

Wie im Klappentext angekündigt, wird eine Lehrerin tyrannisiert und ihr Kind entführt. Das Team TKKG ermitteln ein wenig und können ganz easy den Fall lösen. Die Handlung ist ordentlich gekürzt im Vergleich zu Rolf Kalmuczaks Erstausgabe. Herbert Friedmann hat TKKG für die heutige Jugend angepasst. Dazu gehören neben der völlig anderen Sprache die Kennzeichnung der Charaktere durch bestimmte wiederkehrende Ausdrücke und der Umgang mit den modernen Medien. Nur Tim hat das Problem veralteter Technik. Damit zieht Klößchen ihn manchmal auf, der immer wieder eine lange Leitung an den Tag legt und dank der modernen Sprache wirklich dümmlich wirkt, nicht scherzhaft wie im Original.
Dies ist die erste Neuausgabe, die ich gelesen habe. Die Rezension befasst sich überwiegend mit den Änderungen.

Peter Timotheus Carsten, genannt Tarzan, ab Band 32 Tim, gibt es nicht mehr. Nun heißt er Tim Carsten, ist bereits 14 (nicht 13 ½) und fährt bereits ein Mountainbike anstelle eines Rennrades. Seine wichtigste Bezugsperson – seine Mutter – wurde durch Gaby ersetzt. Die Mutter spielt kaum eine Rolle mehr, anstelle ihrer Geburtstagsgeschenke gibt es nun welche für Gaby.

Viele Beschreibungen über TKKGs Background und Aussehen fehlen oder sind schwammiger. Gaby war in der Erstausgabe noch im Rückenschwimmen gut, nun ist es Schwimmen im Allgemeinen. Auch werden die Berufe von Tims Eltern nicht mehr genannt und Gabys Mutter führt nun sofort ein Feinkostgeschäft anstelle eines Lebensmittelladens. Es sind aber auch einige Details geändert worden.

Gaby und Tim sind übrigens schon ein Paar, was bei den Erstausgaben erst 20 Bücher später der Fall ist. Die beiden küssen sich bei jeder Gelegenheit, der Bussi ist weg. Finde ich gut.

Aber nicht nur TKKG haben sich verändert. Die Stadt ist ebenfalls anders: Eine U-Bahn-Station befindet sich in der Nähe des Internats und mit diesem Verkehrsmittel wird auch viel gereist.

Es wurden ganze Buchteile umgeschrieben und auf wenige Sätze verkürzt. Neues gibt es dadurch auch: Karls Vater betrügt seine Frau. Weiterhin fallen viele Personen oder die Nachnamen auftretender Personen weg. Die Geschichte ist deutlich fokussierter. Ich bevorzuge immer noch Rolf Kalmuczaks ausschweifende Art. Der neue Stil ist für die heutige Generation neunjähriger angemessen, da viele Jungleser offenbar nicht mehr die gleiche Konzentration oder Geduld aufbringen, wie frühere Generationen. Erklärungen in Klammern gibt es nicht mehr. Sie sind auch nicht mehr nötig, da Karl keine Vorträge mehr hält. Sein tolles Gedächtnis gibt nur noch irgendwelche Filmzitate oder ähnliche kurze Phrasen wieder.

Mir missfällt, dass Tim nicht mehr so sensibel wie früher ist: „Aber was kümmerte es ihn [Tim]?“ In der Erstausgabe ist dies anders.
Die gesamte Gangart der Neuausgabe ist härter, die Sprachwahl moderner, aber nicht unbedingt schöner. „Verpiss dich“, „okay“ oder „cool“ gehören zum Repertoire. Nervig finde ich Tims ständiges „Sorry“ und „Bingo!“, Klößchens „ganz easy“ und Gabys „(voll) krass“. Die Wiederholungen sind derart häufig, dass es mir unangenehm auffällt. Klößchen sagt statt Polizei immer „Bullen“, was sonst den Verbrechern vorbehalten war. Das gefällt mir nicht. Ein wiederkehrendes Element ist das Abklatschen. Das machen alle Jugendliche im Buch, nicht nur TKKG.

Es gibt allerdings auch Positives: Die Sprache ist moderner, zeitgemäßer aber sicherlich keine Jugendsprache. Sie ist heute aber definitiv näher an der Jugend als das Original. Die Schrift ist groß, die Zeilenabstände sind gewaltig, die Kapitel kurz und die Seitenzahl des Buches hat sich ebenfalls verringert. Perfekt für junge Leser. Wirklich gut finde ich die neue Dialogaufteilung. Viele Dialoge oder vielmehr Monologe von Tarzan-Tim stammen nicht mehr allein von ihm, sondern teilweise auch von seinen Freunden. Dadurch fehlen die Monologe und die langen Erklärungen. Aus ihnen sind Dialoge geworden und jedes TKKG-Mitglied steuert etwas bei. Tim ist nicht mehr so stark im Zentrum und die Serie somit näher an den Hörspielumsetzungen von H. G. Francis, der die Dialoge auch oftmals anders verteilte. Wie bei den Hörspielen sind auch Sprüche von Klößchen auf Karl übergegangen.

Gaby ist endlich im 21. Jahrhundert angekommen: Bei einer Prügelei mischen sie und ein weiteres Mädchen kräftig mit. Tim ist nicht der alleinige Held: Klößchen teilt selbst ebenfalls ordentlich aus und bedarf keiner Hilfe von Tarzan, wie in der Erstausgabe.

Die Geschichte scheint in sich besser auf Kinder zugeschnitten zu sein. Aus den bösen Rockern werden 16jährige Mopedfahrer. Dabei hat sich leider ein böser Fehler ergeben: Wie im Original beschreibt der Erzähler zu Beginn den Möchtegernrocker „King“ als ca. 18jährigen. Später wird er von Tim als höchstens 16 eingeschätzt.

Der Zeitgeist ist zum Glück wie beim Original vorhanden: Klößchen ist Lady Gagas größter Fan und singt sogar „Just dance“ oder hört es auf seinem iPod. Außerdem hilft er Tim mit seinem modernen Notebook inklusive UMTS-Stick aus, da Tims Gerätschaft uralt ist.
Aus echten Rockern wurden Möchtegerne, die auf frisierten Mopeds unterwegs sind und Ausländerklatschen spielen. Das ist wesentlich zeitgemäßer. Tim verwendet sein Handy statt Telefonzellen und überall in der Stadt gibt es U-Bahn-Stationen. Polizisten im Streifenwagen sind nun – wie üblich – zu zweit unterwegs.

TKKG sind stärker in den Fall involviert. Klößchen wurde im Waschsaal misshandelt. Dies gibt es nicht im Original.

Die Illustrationen von Gerhard Schröder sind sehr kindlich. Mir gefällt Reiner Stoltes Interpretation von TKKG besser. Ich vermag nicht mal die auf Seite 24 erwähnten dunklen Locken von Tim zu erkennen. Zur Buchserie passen die Illustrationen, aber das Aussehen von TKKG passt nicht sonderlich zu den Beschreibungen im Buch. Das ist der Punkt, der mich schwer enttäuscht.


Fazit
Ich kann mich nur schwer an die neuen Illustrationen gewöhnen. Dies liegt an der Neuinterpretation der TKKG-Freunde, die meiner Meinung nach nicht einmal zu den Beschreibungen im Buch passen. Ebenfalls habe ich Probleme mit dem rauen Umgangston. Der antiquierte Ausdruck von 1979 gefiel mir sehr, da die Konfliktsituationen mir so lässig erschienen. Heute sind sie „normal“ und die Sprachwahl ist grob. Über all dies könnte ich gut hinwegsehen. Es stört mich jedoch zutiefst, dass Tim, Klößchen und Gaby eine gewisse Wortwahl ständig wiederholen. Die drei wirken auf mich nun vielmehr wie Hauptschüler mit einem beschränkten Wortschatz.

Als äußerst gelungen empfinde ich die neue Dialogaufteilung: Tims monologartigen Ausschweifungen fehlen. Jeder der TKKG-Freunde leistet seinen Beitrag. Die Geschichte ist nicht mehr so auf Tim fixiert. Außerdem sind KKG wirklich hilfreich und selbst Gaby ist bei brenzligen Situationen mit von der Partie, wo sie sich früher im Hintergrund aufhielt. Das Buch liest sich darüber hinaus sehr flott. Komplett neu erdachte Hintergründe und das Weglassen von Details sowie die Fokussierung auf Dialoge anstelle von Erzählertexten machen die Geschichte lebendiger.

Das Resultat sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich liebe die Erstausgabe, die mich schon so viele Jahre begeistert. Da fällt es schwer, Abschied zu nehmen. Die Neuausgabe ist definitiv empfehlenswert für junge Leser. Mutige Altfans könnten einen Blick riskieren und die Erstausgabe im Herzen behalten. Denn die ist keineswegs verschwunden. Sie bleibt weiterhin griffbereit im Regal, um in die eigene Kindheit zurückzukehren oder in das Jahr 1979.

Die Neuausgabe transferiert die Geschichte gut in die heutige Zeit.

Score
70%
Verfasst am: 09.11.2010