Band 006: Angst in der 9a

Band 006: Angst in der 9a
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Gebundenes Buch · 192 Seiten · 12.2 x 18.8 cm
cbj
Juli 2004
€ 7,50 [D] | € 7,80 [A] | CHF 13,90 (UVP)
978-3-570-15005-4
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95%

Insgesamt ist 1 Mitgliedrezension verfügbar. Die Durchschnittsbewertung beträgt 95%.

Die drei letzten Rezensionen

Zunächst gemächlich, dann spannend

Eine Rezension von Krabbentaucher

Der Einstieg läßt nicht viel erwarten: Eine heulende junge Lehrerin, die von ihrer Klasse terrorisiert wird. Gähn. Doch wir sind hier bei TKKG, und Rolf Kalmuczak sorgt zuverlässig dafür, daß sehr bald eine zweite und dritte Ebene eine Rolle spielt. Die Geschichte fängt langsam an und nimmt dann mächtig Fahrt auf.

Im Grunde verrät schon der Klappentext sehr viel. Ziemlich schnell liegt auf der Hand, daß der Sorgerechtsstreit zwischen der Lehrerin und ihrem italienischen Ehemann der Grund für die Schikanen durch die Schulklasse ist. Folgerichtig setzt sich schon nach den ersten Kapiteln ein vollständiges Bild von dem zusammen, worum es in diesem Buch geht, soweit es die Ebene unterhalb der offensichtlichen Schikanen betrifft. Die erste Ebene wird also durch die Schikanen gebildet, die zweite durch den Ehestreit.

Die dritte Ebene - die Verwicklung des Ehemannes in eine Autoschieberbande - ist da eher der Beifang. Und nebenher läuft ausländerfeindliche Hetze der übelsten Art, wie sie heute leider auch noch aktuell ist. Man hat den Eindruck, daß der Autor hier einen Ausgleich dafür liefern wollte, daß er einem Italiener die Rolle des Oberbösewichts zugedacht hatte. Anmerkung an dieser Stelle: Der Autor schreibt die Beschimpfung "Itaker". Das ist falsch. Richtig lautet sie "Itaka". Hierbei handelt es sich um eine Abkürzung für "Italienische Kameraden", die von den Wehrmachtsangehörigen während der Waffenbruderschaft mit dem faschistischen Regime in Italien etwas gönnerhaft-abfällig, nach dem Sturz des Regimes und dem Seitenwechsel haßerfüllt-verächtlich benutzt wurde.

Zurück zur Geschichte: Der Fall ist nicht konstruiert und entwickelt sich logisch - so logisch, daß der Leser oft schon vor TKKG zur richtigen Schlußfolgerung gelangt. Das spricht nicht gegen diese Geschichte, sondern für sie, zeigt das doch, daß hier nichts an den Haaren herbeigezogen wurde.

Zudem wird spannend geschildert, wie TKKG trotz zunächst völlig fehlender Hinweise den Faden aufnehmen und langsam das Wollknäuel aufdröseln. Hier findet echte und mühsame Ermittlungsarbeit statt, und die einzige echte Gewaltszene auf Seiten von Tarzan ist nur eine Reaktion auf und der Schutz gegen einen ausländerfeindlichen Überfall. Da nie in die Ganovenperspektive gewechselt und die Geschichte konsequent aus Tarzans Sicht geschildert wird, befindet sich der Leser immer auf dem selben Wissensstand von TKKG. Leider sind die Hinweise oft so deutlich, daß man sich manchmal wundert, wieso Tarzan erst so spät z. B. auf die Idee kommt, daß Signor Borello und die beiden Otto Seibolds für die Autodiebstähle in der letzten Zeit verantwortlich sind.

Der Abschluß ist ein wenig problematisch: Ich reagiere allergisch, wenn nach dem Showdown noch ein Nachklapp kommt wie hier, wo Borello nicht nur abhaut, sondern auch seinen kleinen Sohn entführt, nachdem seine Bande aufgeflogen ist. Hier aber lasse ich es mir gerade noch gefallen, da die Möglichkeit der Entführung schon recht früh angesprochen und daher in die Geschichte eingeführt worden ist. Was ich nicht so schätze, ist, daß es am Ende ziemlich hoppla-di-hopp geht. Die Befreiung des kleinen Marco hätte man sich liebevoller geschildert gewünscht.

Da sich Kommissar Glockner über rechtliche Gegebenheiten bei der Kindesentführung ins Ausland verbreitet, sei noch auf folgendes hingewiesen: Das Buch ist im Jahr 1980 erschienen. Im selben Jahr, nämlich am 25.10.1980, ist das Haager Abkommen über Kindesentführungen in Kraft getreten. Danach ist ein von einem Elternteil ins Ausland entführtes Kind ohne Rücksicht auf die nationale Rechtslage zurückzuführen, sofern nicht das Kindeswohl dem dringend entgegensteht. Dieser Nachsatz führt dazu, daß das Abkommen ziemlich zahnlos ist, und besonders Deutschland spielt hier eine unrühmliche Rolle. Glockners Hinweise, bei einer Entführung nach Italien könne man nichts machen, sind also nicht prinzipiell falsch.

Fazit: Obwohl der Leser sehr schnell merkt, wohin der Hase läuft, ist es doch ein spannendes Buch, weil der Teufel eben im Detail steckt - und diese Details werden von TKKG in mühsamer Kleinarbeit zusammengepuzzelt. Das alles ist witzig, ironisch, an der richtigen Stelle aber auch ernst und immer lebendig beschrieben, ohne auch nur einen Moment konstruiert zu wirken. Allerdings zerfällt die Geschichte ein wenig in zwei Teile, denn das Auffliegen der Autoschieber stellt eine Zäsur dar, von der erzählerisch nicht sehr überzeugend zum Finale übergeleitet wird, aus dem seinerseits etwas mehr hätte gemacht werden können. Das ist letztlich der Punkt, der eine 100-%-Bewertung verhindert.

Score
95%
Verfasst am: 03.05.2012