Band 043: Überfall im Hafen

Band 043: Überfall im Hafen
Art:
Verlag:
Erscheinungstermin:
Preise bei Erscheinen:
ISBN:
Gebundenes Buch · 192 Seiten · 12.2 x 18.8 cm
cbj
Juli 2004
€ 7,50 [D] | € 7,80 [A] | CHF 13,90 (UVP)
978-3-570-15042-9
Verwandte TKKG-Produkte
Zum Hörspiel:
TV-Serie:
TV-Club:
TV-Club:

Leseprobe

llustration von Seite 65.
llustration von Seite 65.

„Vielleicht haben wir Glück", meinte Klößchen, „und es
verirrt sich ein weißer Hai in den Hafen während wir da sind. Ein weißer Hai oder ein anderes Meeresungeheuer."
Tim - früher Tarzan genannt - hockte im Schneidersitz auf seinem Bett und feilte die Zehennäge. Das muß ab und zu sein, denn Turnschuhträger laufen sich nicht wie Hunde die Krallen kurz. Gerade hatte er den kleinen Zeh links bearbeitet - und er ar mit dem Ergebnis zufrieden.
„Willi, du spinnst", stellte er fest.
„Wieso?"
„Noch nie hat sich ein weißer Hai in einen norddeutschen Hafen verirrt. Ganz zu schweigen von Riesenkraken, Mörderwalen und Seeschlangen."
Klößchen grinste. „Was nicht ist, kann ja noch werden. Wenn wir da sind, passiert immer mehr als zu normalen Zeiten."
„So würde ich's nicht ausdrücken. Das hieße ja, TKKG könnte Katastrophen auslösen. Nein! Die Ereignisse sind immer da. Aber scheinbar verdeckt, weil die meisten Zeitgenossen mit geistigen Scheuklappen rumlaufen und keinen Blick für die Umwelt haben. Wir - jawohl! - sehen, wo es brennt. Und löschen."
„Löschen ist gut", nickte Klößchen. „Meines Wissens ist der Hafen voller Wasser. Muß auch sein. Sonst würden die Schiffe umkippen. Du, ich freue mich riesig. Vor allem auf Oma. Habe ich dir schon erzählt, wie meine Oma Rosalinde heißt?"
„Nein."
„Dann muß ich's nachholen. Sie heißt Rosalinde, geborene Plessenhof. Hat dann den Sauerlich geheiratet, der mein Opa war, aber inzwischen verstorben ist. Als Oma jung war, wurde sie Rosl genannt - etwa bis 17. Dann hieß sie bei jedem Rosa. Etwa bis 59. Jetzt ist sie hoch in den Siebzigern, und alle sagen Rosalinde. Wie findest du das?"
„Angemessen. Mit zunehmendem Alter greift auch die Würde um sich."
Klößchen nahm ein Stück Schokolade. Genießerisch zog er es unter der Nase vorbei - wie ein Nikotinsüchtiger die Zigarette, nach der seine gequälte Lunge verlangt. Erst dann legte er sich den Kakaobrocken auf die Zunge.
„Nur noch zwölf Stunden, Tim", mummelte er. „Morgen vormittag geht's los." „Ich freue mich genauso."

Illustration von Seite 107.
Illustration von Seite 107.

Und Gaby auch. Und Karl auch, dachte er. Ist ja auch riesig von Klößchens Vater, daß er uns schon wieder einlädt. Willi brauchte gar nicht zu drängen. Sein Wunsch, daß wir mitkommen, war kaum ausgesprochen, da hat Herr Sauerlich schon genickt. Irre großzügig, wie er ist.
Heute war Freitag. Den Vormittag hatten fünf Unterrichtsstunden verdorben. Aber mit dem letzten Gongschlag brachen die Pfingstferien an.
Die Heimreise zu seiner Mutter lohnte sich für Tim nicht. Frau Carsten, die zur Zeit in einem Großbetrieb arbeitete, befand sich mit ihrem Chef und leitenden Angestellten auf einer Geschäftsreise in den USA. Rückkehr erst in zehn Tagen.
Um zu Hause allein rumzuhängen, dachte Tim, mache ich mich gar nicht erst auf die Socken. Da bleibe ich lieber hier im Internat. Und wenn ich der einzige bin von 500 Schülern.
Langweilig wäre das bestimmt nicht geworden. Gaby war da. Außer einem Nachmittagsausflug in die nähere Umgebung hatten ihre Eltern nichts geplant. Bei Karl stand es ähnlich. Lediglich bei Klößchen sah's anfangs bedenklich aus. Sein Vater, der Schokoladenfabrikant Hermann Sauerlich, hatte beschlossen, Pfingsten seine Mutter zu besuchen. Daß der Junior mit mußte, war selbstverständlich. Und der dachte sofort: Nur wenn meine Freunde dabei sind.
Zustimmung allerseits - und damit war die Sache geritzt.
Tim stand auf, durchquerte mit zwei Schritten die Bude ADLERNEST und öffnete seinen Schrank.
„Schon gepackt, Willi?"
„Nöh."
„Dann fang an."
„Jetzt schon?"
„In der Eile morgen vergißt du wieder alles."
„Was ich vergessen will, vergesse ich auch jetzt. Aber Schoko bestimmt nicht. Außerdem: Wie ich meine herzensgute Oma kenne, hortet sie einen größeren Vorrat für mich in ihrer Hütte."
„Hütte?"
„Naja. Es ist mehr eine Villa. Mit 14 Zimmern. Draußen im Grünen, jedenfalls am Stadtrand, wo Oma sich ein bißchen fürchtet, weil es abends und nachts so total ruhig ist. Könnte uns nicht passieren, hähähäh. Aber sie wohnt allein in der Villa. Und Opa hatte genauso viel Kohle wie mein lieber Vater. Deshalb ist in der Hütte alles vom Feinsten. Da könnte einem Einbrecher schon mal das Wasser im Mund zusammenlaufen."
„Hoffentlich kommt er, wenn wir da sind", lachte Tim. „Ist mir lieber als ein weißer Hai. Und nun erheb dich! Klamotten einpacken! Reisevorbereitung."
"Wie du einen immer nervst!" seufzte Klößchen.