Band 067: Die Schatzsucher-Mafia schlägt zu

Band 067: Die Schatzsucher-Mafia schlägt zu
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ISBN:
Gebundenes Buch · 192 Seiten · 12.2 x 18.8 cm
cbj
Juli 2004
€ 7,50 [D] | € 7,80 [A] | CHF 13,90 (UVP)
978-3-570-15066-5
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Leseprobe

llustration von Seite 56.
llustration von Seite 56.

In dieser kalten Aprilnacht schien die Großstadt zu schlafen. Leergefegte Straßen, nieselnder Regen, Öde, wohin man sah. Nur wenige Typen waren unterwegs - darunter Tim, der Anführer der TKKG-Bande, und Klößchen, sein Internatsfreund und Budenkamerad.
Ein Disko-Besuch lag hinter ihnen. Keine heimliche Aktion, sondern ein genehmigter Ausflug. Der EvD (Erzieher vom Dienst) stand dafür gerade, denn die beiden arbeiteten heute Nacht als Reporter: für die Schülerzeitung DURCHBLICK
Um den Lärmpegel der Diskos ging's. Und um die Preise. Um die Szene allgemein. Um die Abgabe von Alkohol an Minderjährige. Und um andere, viel gefährlichere Drogen, denn bekanntlich sind Dealer in den einschlägigen Schuppen zu Hause.
O Mann! dachte Tim und lenkte sein Rennrad über die Schmalseite vom Opern-Platz. Was wir gesehen haben! Das füllt Seiten. Harte Tatsachen! Und unsere Kritik wird noch härter sein. Worauf konzentrieren wir uns? Klar! Drogen-Trip. Schwerhörigkeit wegen brutaler Beschallung. Und die Unfälle auf dem Heimweg. Das sind Themen.
Klößchen, der hinter ihm radelte, keuchte.
„Kannst du nicht langsamer?"
„Wieso? Schläfst du schon?"
„Ich dampfe. Und wir haben nur drei Grad plus. Nicht mal der Regen kühlt. Außerdem ist meine Schokolade weg. Hat mir sicherlich so ein Drogen-Freak geklaut in dem Disko-Gedränge. Der dachte wohl, es wäre schwarzer Afghane (Haschisch). Häh, wird der sich wundern über den Kakao-Geschmack. Du, wie schmeckt Haschisch eigentlich?"
„Keine Ahnung. Ist 'ne Erfahrung, auf die ich verzichten kann."
„Im In-and-out hat's mir am besten gefallen. Diese grüne Beleuchtung. Alle sahen aus wie Wasserleichen. Fahren wir durch die Diepensiek-Gasse? Das kürzt ab."

Illustration von Seite 110.
Illustration von Seite 110.

„Wir sind bereits in der Diepensiek-Gasse", erwiderte Tim.
Scharfer Wind kam von vorn. Die Leuchtpeitschen schwankten. Nur wenige erleuchtete Fenster.
Hinter einer Haustür bellte ein Hund, als Klößchen über eine scheppernde Blechdose fuhr.
Die Gasse führte vorbei an einem Innenstadt-Parkplatz, der an Werktagen schon morgens um acht gerammelt voll war: wegen der nahen Bürohäuser, deren Angestellte null Bock hatten auf öffentliche Verkehrsmittel wie Bus oder U-Bahn. Alle kamen mit dem eigenen Wagen.
Eine dichte Hecke aus dornigem Allwetter-Gestrüpp grenzte den Platz ab - offen nur die Ein- und die Ausfahrt.
Tims Kopf ruckte nach rechts. War da ein Stöhnen?
Hell oder gelb schimmerte was durchs Geäst. Ein Wagen? Und da waren auch Geräusche. Als falle was - platsch! - auf regennassen Asphalt.
Tim stoppte, wandte sich Klößchen zu und legte warnend den Zeigefinger über die Lippen.
Klößchen trug seine Baseball-Mütze, den Schirm hinten. Verständnislosigkeit auf dem Mondgesicht. Aber dann begriff er, denn Tim hatte sein Rad zur Hecke geschoben, bückte sich nun und spähte durch eine Lücke.
Was er sah, verschlug ihm den Atem. Der Parkplatz war leer, ausgenommen einen Kleinlaster. Gelb, ein Postauto.
Drei Personen waren beschäftigt; zwei davon maskiert, der dritte ein Postbeamter. Der Größere, in schwarzer Regenkluft, hielt eine Maschinenpistole im Anschlag.
Die Mündung bedrohte den Postler. Postjacke, Uniformhose, Arbeitsmütze. Er stand, Gesicht zum Wagen, an der Seite und reckte die Arme zum Himmel. Die Arme zitterten, die Knie auch. Außerdem stöhnte er. Sicherlich hatte er eins in die Rippen gekriegt.
Der zweite Maskierte war ebenfalls hochgewachsen, reichte aber nicht an die 19()cm des Bewaffneten heran. Auch auf der zweiten wollnen Sturmhaube glitzerten Regentropfen wie Perlen. Dadurch wirkte die Maskierung wie eine kalte Kompresse (feuchter Umschlag).
Räuber Nr. zwei war bekleidet mit heller Regenjacke, hatte die Hecktüren des Kleinlasters geöffnet und schlitzte mit einem Messer die Postsäcke auf.

Illustration von Seite 135.
Illustration von Seite 135.

Dabei hatte er schon erhebliche Arbeit geleistet, denn den schmutzig-nassen Boden übersäten Briefe, Päckchen, Pakete. Nr. zwei nahm nicht alles, sondern wählte aus - nach welchem Maßstab auch immer. Was seine Billigung fand, wurde in einen Müllsack gestopft. Der war schon halbvoll.
„R... Räuber", flüsterte Klößchen.
„Sie rauben Wertbriefe, Wertpakete", erwiderte Tim ebenso leise.
„Da... können wir nichts machen."
Er hat recht, dachte Tim. Nr. eins luchst nach allen Seiten. Da geht kein Anpirschen. Der würde schießen.
„Wir brauchen ein Telefon, Willi. Polizei verständigen."
„Klar! Nichts wie weg hier!"
Leise liefen sie, die Räder schiebend, an der Hecke entlang. Erst bei der Ausfahrt saßen sie auf.
Tim wußte: Nur 200Meter entfernt, Ecke Universal-Straße, war eine Telefonzelle mit SOS-Telefon.
Sie preschten los. Jetzt war Klößchen wieder gleichauf.
Auch hier kam ihnen niemand entgegen. Zwei Wagen parkten kurz vor der Ecke: ein schwarzer VW mit abenteuerlich gebogener Riesen-Antenne. Und dann - ein Stück entfernt auf der anderen Seite - ein weißer Jeep.
Tims Umsicht funktionierte. Wie selbstverständlich prägte er sich die Kennzeichen ein.
Beide Fahrzeugen waren hier aus der Stadt. Der VW mit dem persönlichen Kfz-Zeichen - DT 88, der Jeep mit - AG 111.