»Logisch, dass du dann im Unterricht pennst.« Gaby pustete
gegen den Goldpony über ihren Blauaugen.
»Und die Albträume hättet ihr miterleben sollen«, grinste
Tim, der früher Tarzan genannt wurde. »Nacht für Nacht dieses
Zähneklappern in seiner Koje.«
»Halt du mal die Zähne ruhig«, verteidigte sich Klößchen,
»wenn du im Traum verfolgt wirst. Und immer haben mich
diese Gangster erwischt. Ich wurde erhängt, ertränkt, erschlagen
und erschossen. Aber als Traumleiche kriegt man
alles noch mit. Da ist die Angst nicht vorbei.«
»Lesen macht weniger Angst als spätes Fernsehen«, behauptete
Tim. »Schulfernsehen mal ausgenommen.Aber das
gibt es sowieso nicht um Mitternacht. Da gibt es auf den
meisten Kanälen nur bluttriefenden Horror.«
»Interessiert mich nicht«, sagte Gaby, »ist was für Spinner.«
Sie hatte noch eine halbe Semmel mit dem tollen vegetarischen
Aufstrich, der wie Haifischflossen-Suppe schmeckt,
aber nur aus Kräutern besteht und keinem Tier das Leben gekostet
hat. Tim fährt voll ab auf diesen Gaumenschmaus.
Gaby weiß das. Mit lieblichem Lächeln ließ sie ihren Freund
von der Semmel abbeißen.
»Danke, Pfote!« Er küsste sie auf die Stirn.
»Und deshalb wischst du deine Fettlippen an meinem
Pony ab?«
»Entschuldige, Pfote!«
Tatsächlich haftete etwas grünliche Paste in ihren Goldsträhnen
und Tim zückte sein rot kariertes Taschentuch, um
abzuwischen, was sich abwischen ließ.
»Lass!«, fiel sie ihm in den Arm. »Das Geklebe wird
nur schlimmer und ich muss mir sowieso die Haare waschen.«
Dr. Enzo Grokk pirschte krummrückig heran und hatte
sein Nichtwisser-Lächeln angeknipst. Er war 65, wollte im
Herbst in Pension gehen und rauchte 70 Zigaretten am Tag.
Das hatte Enzo Grokk ziemlich geschafft, man konnte ihn
ohne Bosheit auf 80 schätzen, aber auf einen verbrauchten
80er. Zu seinen Gewohnheiten gehörte es, dass er seinen
Schülern und Zöglingen des Öfteren erzählte, er wäre lieber
Zirkusdirektor geworden oder wenigstens Clown. Stattdessen
hätten ihn seine Eltern zum Studium gezwungen und
zur Laufbahn im Schuldienst. Grokk unterrichtete Geschichte
und Latein. Außerdem war er mit Infos und News
nie auf dem Laufenden, hing um Wochen hinterher. Er war
immer der Letzte, der irgendwas erfuhr.
»Hallo, TKKG!« Er lächelte.
»Hallo, Herr Doktor!«, sagte Tim für die Gruppe.
»Ist ja toll – die Sache!«
»Mhm.« Was meint er?, dachte Tim.
»Ich habe es gerade gehört.« Grokk lächelte Gaby an und
versuchte, seinen Krummrücken aufzurichten.
Aha!,dachte Tim. Dann ist es also eine alte Message.Wahrscheinlich
spricht er von Ostern.
»Das Kriminal-Rätsel«, sagte Grokk, »ist ja in gewisser
Weise – aus höherer Sicht – dem Lateinischen verwandt.Man
benötigt Logik und die Fähigkeit zum Kniffeln. Ein guter Lateinschüler
wird auch immer ein ausgezeichneter Kriminalist.
Es sei denn, er zieht das Medizinstudium vor oder er wird
Pfarrer.«
Oje!, dachte Tim. Er redet vom Mörderspiel. Also nur drei
Wochen Info-Rückstand. Dr. Grokk bessert sich zum Ende
seiner Laufbahn.
»Ich habe nur nicht so richtig verstanden, wie das geht«,
sagte Grokk.