Seit dem Unfall als Zwölfjährige war ihr linkes Bein verkürzt.
Sie humpelte trotz orthopädischem Schuh und gewaltigem
Absatz. Ihr Weg als graue Maus schien vorgezeichnet:
eine blasse, fahl blonde junge Frau mit Sommersprossen
und unsicherem Blick. Ihr Blick war meistens nach
innen gerichtet – auf ihre Träume. Nicht auf das, was sie sich
erträumte, wünschte – sondern auf ihre Albträume. Unter
denen litt sie – Nacht für Nacht – bis an den Rand des Wahnsinns.
Matildes Aufgabe war das Museum: ERWINS PANOPTIKUM
Besucher einlassen, Eintritt kassieren, eventuell führen
und erklären, aufpassen, dass nichts beschädigt wird, möglichst
eine kleine Broschüre verkaufen, die von Kuriositäten
(Merkwürdigkeiten) und deren Zurschaustellung handelte.
Außerdem liefen hier die Anrufe der Taxi-Stammkunden ein.
Und jetzt kam hinzu, dass Matilde das Baby betreuen
musste.
Sie wusste: Damit war sie Mitwisserin. Damit war sie mitschuldig
an einem schweren Verbrechen. Dennoch konnte
sie nichts dagegen tun.