Stefan Wolfs Krimi-Magazin 1

Stefan Wolfs Krimi-Magazin 1
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Gebundenes Buch, 256 Seiten, 15 x 20,5 cm, Schutzumschlag
Pelikan
01. Oktober 1986
16,80 DM
3-8144-0070-4
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85%

Insgesamt ist 1 Rezension des TKKG-Site.de - Teams verfügbar. Die Durchschnittsbewertung beträgt 85%.

Rezensionenübersicht

Schöne Krimisammlung

Eine Rezension von Hauke

Das Krimi-Magazin startet nach dem Vorort von Stefan Wolf direkt mit einer Tom und Locke Kurzgeschichte durch. Sie ist kurz, knapp und mit bissigen Sprüchen, die bisweilen nicht ganz ernst zu nehmen sind, und sorgt so für einen tollen Start. Später (TKKG-Band 97) hat Rolf Kalmuczak, alias Stefan Wolf, die Story auf TKKG umgeschrieben, was bisweilen etwas merkwürdig anmutet. Für ein Tom und Locke Abenteuer ist dieser Fall gedacht und funktioniert allerbestens. Zu Gaby und Tim passen die Sprüche einfach nicht immer.

Abgeschlossen wird das Magazin mit einem echten TKKG-Krimi: Die „vertauschten“ Gangster. Im Jahr 1986 ging TKKG noch gegen Heroindealer vor. Im „Nachdruck“ von 2002 (Band 97) wurde Heroin durch ein fiktives Suchtmittel ersetzt. TKKGs Gespräche sind wunderbar unterhaltsam, besonders wenn Gaby ihren Freund fragt, warum er jemanden niedergeschlagen hat. Der Wortwitz ist unglaublich erheiternd.

Wie bringe ich meinen Pauker um?“ von Hansjörg Martin aus dem Buch heißt im Original „Hoffetod stirbt nicht“ und ist die zweite Geschichte. Es scheint mir der zusammengekürzte Teil aus einem Roman zu sein: eine Einleitung, kurzer Zwischenstand und zum Abschluss eine Wendung – alles lose aneinandergehängt. Das Geschehen wird aus der Sicht des Protagonisten Raabe beschrieben. Er ist der jugendliche Erzähler, der ein Problem schildert, das viele Schüler kennen: ein unliebsamer Lehrer, der einen quält. Niemand hilft dem Schüler und so träumt er von einem Lehrerwechsel. Die Geschichte spielt (wen wundert’s?) vor der Wiedervereinigung. Berlin ist durch eine Mauer geteilt. Es gibt konservative Lehrer, die gegen Reformen wettern. Die Jugendsprache ist ähnlich wie bei Stefan Wolf: Etwas ist dufte (= toll), man hat Dusel (= Glück), es gibt die Penne (= Internat) und natürlich Pauker (= Lehrer). Aufgrund des hohen Erzähleranteils und dem geschichtlichen Hintergrund, dem Zeitgeist, der derartig intensiv nur in manchen TKKG-Geschichten ersichtlich wird, werden heutige junge Leser, sich sicherlich schwer mit dem Stoff tun. Die Lesegewohnheiten haben sich verändert.
Bei Pelikan erschien von dem Autor übrigens die fünfzehnbändige Reihe Unternehmen Jocotobi.

Von Lorenz Mach stammt „Millionenspiel am Abgrund“. Diese Geschichte verfügt ebenfalls über einen hohen Erzähleranteil, der besonders zu Beginn Fahrt nimmt. Mit der wörtlichen Rede gewinnt die Kurzgeschichte, die typisch endet, nämlich offen, an Geschwindigkeit. Die Handlung ist tragisch: Drei Verbrecher verstecken sich. Als ein Junge ihr Versteck aufsucht, fürchten zwei um ihre Sicherheit, während der Anführer seiner entgangenen Kindheit nachtrauert. Außerdem geht es um Freundschaft: Wie schrecklich es ist, keine wirklichen Freunde zu haben. Vielleicht mögen junge Leser der Handlung folgen, wenn sie vorgetragen wird. Zum Selbstlesen halte ich sie für zu ereignisarm.

Deutlich lebendiger geht es in Friedhelm Werremeiers „Der Räuber, der nur Katzen liebte“ („Kleiner, du bist reichlich groß“) zu. Der Anteil der wörtlichen Rede ist hoch und der Schreibstil amüsant. Der Autor spielt gezielt mit Wiederholungen zwischen der wörtlichen Rede und dem, was dazwischen steht. Gegensätze werden ebenso lustig aufgedeckt, besonders zwischen dem, was gesagt wird und wie sich die sprechende Person fühlt. Der Kurzkrimi ist klassisch angelegt und verfügt über einen fröhlich lustigen Erzählstil, der gut für Kinder geeignet ist. Aufgrund der altbackenen Namen ist das Alter der Geschichte auch für Kinder ersichtlich.

Karl Vierstein wohnt in der Lindenhofalle, in der so einiges passiert ist. Ähnlich ist es in „Das Geheimnis von Lindenallee 18“ von Walter Kimmel. Dort erwischt der Protagonist seine Frau beim Ehebruch und verschwindet daraufhin für 30 Jahre. Nach dieser Zeit zieht es ihn zurück und er wird überrascht von dem, was nach seiner Flucht passiert ist. Eine sehr traurige Kurzgeschichte, die eher für fortgeschrittene Leser, ähnlich wie die Sherlock Holmes-Krimis, geeignet ist.

Aus Wolfgang Eckes Spionagering Rosa Nelke stammt die Kurzgeschichte „Ein Meisterschuss“ mit Perry Clifton. Clifton arbeitet als Privatdetektiv und ermittelt sehr direkt, indem er sofort die Verdächtigen befragt. Diese Charaktere reagieren entsprechend unterhaltsam und die Gespräche werden nie langweilig.

Ein Fremder in Ingos Keller“ von Thomas Andresen heißt eigentlich „Bommi ist tot und Tim hat Geburtstag“. Es ist eines der härteren Geschichten, geht es doch um Mord und den Konsum von Rauschgift. Der Schreibstil ist sehr eindringlich. Eine weitere spannende Kurzgeschichte.

Es heißt, „Erbe im Jenseits“ von Jesse Caldwell sei von Hasso Plötze aufgezeichnet worden. Das ist sicherlich eine Marotte von Hasso Plötze, sich nicht selbst als Autoren anzugeben, sondern den Protagonisten. In diesem Fall geht es um einen geplanten Doppelmord. Harter Tobak, sauber und spannend inszeniert. Auf jeden Fall was für die älteren Leser jenseits von zehn Jahren Lebenserfahrung.

Ein Autorenduo, Pierre Boileau und Thomas Narcejac, hat „Galgenfrist bis morgen früh“ verfasst. „Rache auf Verdacht, mit Zeitzünder“ fasst der zuständige Superintendent den Fall zusammen. Es geht um einen Kniff, mit dem ein Gangsterboss sich an der Person rächt, die ihn ins Gefängnis gebracht hat. Mehr möchte ich nicht verraten. Außer: ein toller Kurzkrimi!

Eine richtige Spionagegeschichte hat Henry Hart mit „Pretucci war sein Name“ abgeliefert. Sie ist kurz (wie alle anderen auch) und sehr unterhaltsam. Der Clou der Handlung erschließt sich erst am Ende und ist nicht vorherzusehen. Eine schöne Überraschung!

Bei „Lösegeld um Mitternacht“ von Knut Paulsen handelt es sich um eine klassische Kidnappergeschichte. Der Fall ist schnell erzählt und durchaus interessant. Anders als in vielen TKKG-Geschichten geht es hart zur Sache: Vor Mord wird nicht zurückgeschreckt.

Sir Arthur Conan Doyle ist durch seine Sherlock Holmes Geschichten berühmt geworden. Zwei davon sind in dieser Krimisammlung enthalten. Sie sind sehr klassisch erzählt, kurz und knapp. Dr. Watson und Sherlock Holmes Duzen sich in dieser Übersetzung und es gibt einige moderne Begriffe wie City als Bezeichnung für die Innenstadt. Beide Geschichten sind wohlbekannt und zigfach, auch ausgeschmückt und meist unter einem anderen Titel, als Hörspiel erschienen. Wer Sherlock Holmes mag, liegt auch bei diesen Geschichten genau richtig. Ob es Zehnjährige interessiert, ist sicherlich sehr unterschiedlich. Besonders der Schreibstil dürfte nicht jeden ansprechen.

Das Buch enthält vier Minirätselkrimis, die 1984 von Robert Quackenbush veröffentlicht wurden. Das muss ein Pseudonym von Rolf Kalmuczak sein: Die Schreibweise der Kurzkrimis stimmt mit denen unter dem Pseudonym Stefan Wolf veröffentlichten Geschichten überein. Auch der Inspektor Greifzu ist kein Unbekannter und einige dieser Rätsel hat Rolf Kalmuczak genauso erneut als Rätselkrimi in den TKKG-Sammelbänden wiederverwendet. Die Rätselkrimititel lauten: „Der Gespensterhund“, „Das schreckhafte Zimmermädchen“, „Der verschwundene Schlittschuh“ und „Der verspätete Bote“. Zusätzlich gibt es als Lesepausen wie in den ersten TKKG-Taschenbüchern Illustrationen mit Rätselfragen sowie Kreuzworträtsel.

Fazit
Diese Kurzgeschichtensammlung ist etwas für begeisterte Leser, Sammler aller Stefan Wolf / TKKG / Tom und Locke – Geschichten oder für Liebhaber älterer Werke. Zehnjährige tun sich bestimmt heutzutage schwer mit einigen dieser Texte. Zum Vorlesen sind viele dennoch hervorragend geeignet. Die vielen Rätsel zwischen den Kapiteln sind ein nettes Gimmick. Zusätzlich gibt es Rätselbilder sowie Kreuzworträtsel als Lesepause. Am besten hat mir der TKKG-Kriminalgeschichte gefallen – sie ist am lustigsten.

Score
85%
Verfasst am: 29.09.2011